M - all that's...

13Nov2016

Ich hätte das nicht so vermutet, aber wir sind nach einem Jahr wieder mal weit aus unserer Kompfortzone raus. Und diesmal hat es nix mit Asien selbst zu tun. 

Das hätten wir auch in Deutschland machen können. Allerdings muss ich drüber nachdenken, ob es direkt in Coburg geklappt hätte, oder wohin wir fahren müssten. Hm?

In Japan ist uns aufgefallen, das in nahezu jedem Restaurant Jazz im Hintergrund gespielt wird. Und ich könnte mir vorstellen, dass dieser Urlaub und die positive Erinnerung daran uns am Ende dazu gebracht hat es einfach mal auszuprobieren: Ja, wir gehen in einen Jazzclub.

Warum das so ungewöhnlich ist? Ich mag Jazz nicht. Zu wenig vom einen, zu viel vom anderen, unstrukturiert und kann man nicht länger als 5 Minuten anhören. Zumindest sagt das unsere Komfortzone. Das eines unserer Lieblingsrestaurants in Coburg nach einer Jazzlegende benannt ist, konnte an der Einstellung bisher auch nix ändern. "Zum Essen im Hintergrund geht's ja auch grad so..." :-)

Aber man muss ja auch mal neues ausprobieren und unsre schwedischen Freunde sind in Musik so tief drin, wie wir im Tanz. Ich dachte mir schon, dass die beiden beim hören von Jazzmusik so gefesselt sind, wie wir beim anschauen von Modern und Jazz Dance. 

So kam es auch, das die beiden fragten, ob wir nicht mal mit Ihnen in eine Jazzbar gehen wollen? "Ähm... ja klar" war unsere hingelächelte Antwort, während in meinem Kopf vier Leute wild auf Instrumenten rumwürgen und einen undefinierten Klangteppich in einen dunklen verrauchten Raum weben, den ich nicht verstehen kann. Ich bin gespannt...

Gestern war es dann soweit. 17 Uhr kommt nochmal der Kontrollanruf, der Jazzbar: "Ihr kommt dann? 50RMB Eintritt und der Tisch 1000RMB Mindestverzehr." Ok, günstig wird das heute nicht, aber dafür gehen wir in einen der beliebtesten Jazzclubs der Stadt.
19:30 treffen wir vier uns aber erstmal im Ginger by the park und genießen Aussicht und herausragendes Essen... Während wir zwei uns mit einem Detox Kokosnus-Basilikum Drink, einem vegetarischem Curry und einem sehr gutem Burger aus der Hungerphase befreien, probieren unsere Freunde das Lamm. 

Und auch das ist herausragend. So gut, das selbst ich, als nicht-so-gern-Lamm-Esser, das für unseren nächsten Besuch im Gingers das schonmal einbuche. Und natürlich kann sich der Nachtisch wieder sehen lassen... Diesmal weißes Schokoladen Miso Mousse... sehr lecker, aber optisch nix besonderes, daher auch kein Bild. :-)

Danach gehts los ins Heydays, was gleich um die Ecke ist. Wir werden freundlich empfangen, und bekommen einen kleinen süßen Tisch, direkt vor der Bühne. In wenigen Minuten startet der Live Jazz und wir sind schon gespannt. Viele Leute sitzen auf einzelnen Barhockern an der Bar, das sind vermutlich die Plätze ohne Mindestverzehr. Hinter uns sind sehr gemütliche Sofaecken für bis zu acht Personen. Die sind auch etwas kostspieliger.

Wir bekommen die Karte, bestellen Wein und die Mocktail (alkoholfreier Cocktail) - Karte. Wir bekommen kurz darauf den Wein, drei Gläser und einen Mocktail... Ahja, hier gibt es nur einen alkoholfreien Cocktail. Aber der scheint zumindest ganz Ok zu sein. Angestoßen, ein bisschen geplaudert, da rappelts auf der Bühne.


Drei Jungs (aus Israel der Pianist, aus Shanghai der Bassist und aus Harbin der Schlagzeuger) starten den Abend.

Ich muss nicht in Deckung gehen. Die Noten, die uns jetzt im die Ohren wehen, sind sicherlich nicht einfach zugänglich, aber alle drei verstehen es mit Rhythmus zu spielen, sind voll dabei und es macht richtig Spaß zuzuhören und zuzusehen. Nebenbei improvisiert der Pianist wohlbekannte Stücke in die Performance. Ich bin begeistert. Nach ner halben Stunde und ein paar lustigen Sprüchen ist die erste Pause und es wird versprochen: die nächste Session mit Special guest. Und mit Gesang.

Die Schweden schauen uns fragend an... und schlimm? Das Lächeln das wir zwei von uns geben ist ehrlich als wir sagen: "Ist echt cool, aber bestell mal noch ne Flasche Wein."

Wir unterhalten uns über ein Jahr Shanghai, unsere bevorstehenden Urlaube, und wie man mit seinen Eltern am besten umgeht, wenn die nach China kommen, als die drei Jungs wieder auf die Bühne klettern und eine Dame im schwarzen Kleid sich direkt vor uns platziert.


Anne Evenou beglückt uns heute mit ihrer Stimme und während sie französische Texte in die Musik webt, sind wir hin und weg. Der Gesang öffnet den Zugang zu Musik und wir sind total begeistert. Wir hören zu, schwingen mit, trinken Wein.

Sie fragt, wer das erste mal im Jazzclub ist. Wir melden uns, und sie dankt uns, das sie unsere erste JazzSängerin ist, und das sie hofft, das es uns gefällt. Zwischendurch erklärt sie, das ihre Mum heute hier ist und singt für sie "wonderful world". Es ist total rührend. Man kann die Emotionen fast in der Luft und der Musik sehen.

Danach erklärt sie, das ihr Paps auch in Shanghai, aber jetzt schon im "Shelter", einem finsterer EletroMusikBunker, abgestiegen ist. Da waren wir selbst noch nicht. Das ihr knapp 80 Jahre alte Paps da tanzen geht ist schon net schlecht. Vielleicht sollten wir Sie auch mal bzgl. Tips für Eltern in China fragen. :-)

Im Laufe des Abends hören wir uns weiter rein, es wird funkiger und auf der Bühne strahlen alle, als drei westler Pärchen das Tanzen anfangen.

Zwei davon ist übrigens unsere schwedisch-deutsche Truppe. Wir vier haben wir uns aufgeschwungen, als der Abend den Höhepunkt erreicht. Was wir da Getanzt haben? Keine Ahnung. Aber wir hatten einen riesen Spaß...

Gegen 0:30 verabschiedet Anne Evenou sich von ihrem Publikum und der Club leert sich. Wir trinken noch aus und haben nur 900RMB von unserem Mindestverzehr erreicht. Das scheint aber innerhalb der Toleranzgrenze zu liegen, da wir nicht die 1000 bezahlen müssen. Vielleicht aber auch weil wir mit unsere Tanzeinlage geglänzt haben oder sie haben es einfach vergessen. Wer weiß...

Als wir zuhause ankommen ist eins klar: Wir vergessen den Abend so schnell nicht und werden auf jedenfall mal wieder im Heydays aufschlagen. Sogar die JAZZ Playlist hat es heute zum Frühstück auf unser Spotify geschafft. Willkommen in unserer NEUEN Komfortzone. Yeah... All that's Jazz...